Collaboration #3 / Feb 2021
Interview mit foundbyheart
Was bedeutet es für dich, selbstständig zu sein?
Meine Selbstständigkeit bedeutet für mich die totale Freiheit. Ich bin ungebunden und muss es niemandem recht machen. Das schätze ich sehr. Zudem bin ich der Meinung, dass man fast alles erlernen kann. Ich kann mein Angebot also jederzeit erweitern. Das macht die Selbstständigkeit für mich so spannend. Gleichzeitig ist es ein ständiges Aushandeln mit mir selbst. Es setzt mir niemand Grenzen, die muss ich mir selbst setzen. Das musste ich im Vergleich zum meinen früheren Jobs im Angestelltenverhältnis neu lernen.
Wer meine Arbeit schon seit einer Weile verfolgt, der oder die ist bestimmt schon dem Namen Nora Brumm respektive dem Label foundbyheart begegnet. Nora ist Fotografin und wir beide haben uns 2019 als Dienstleisterinnen in der Hochzeitsbranche kennengelernt und auf Anhieb gut verstanden. Anfang 2020 hat sie ihren Traum verwirklicht und ist seither Vollzeit als Fotografin und Beraterin selbstständig erwerbstätig. Ich selbst habe schon mehrfach vor Noras Kamera gestanden – sowie auch meine Papeterie. Noras Leidenschaft für die Fotografie und ihr eigenes Unternehmen ist deutlich spürbar, was ich als sehr inspirierend und anspornend empfinde. Wir stehen regelmässig in Kontakt und setzen uns immer wieder zusammen, um uns gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu profitieren. Anlässlich des Jubiläums ‘50 Jahre Frauenstimmrecht’ ist Nora mir Rede und Antwort gestanden und verrät unter anderem, wo sie selbst aktuell die grösste Baustelle sieht in Sachen Gleichberechtigung.
Wie siehst du deine Rolle als Frau und Jungunternehmerin?
Ich sehe meine Rolle insbesondere darin, andere Frauen zu motivieren, ebenfalls ihren Traum zu verwirklichen. Ich selbst habe lange darüber nachgedacht, mich selbstständig zu machen und vergebens auf den richtigen Moment gewartet. Ich bin der Überzeugung, dass jede Frau eine Unternehmerin werden kann. Egal was das Vorhaben ist. Ob gross oder klein. Voraussetzung ist einzig, dass einem das eigene Projekt selbst sehr wichtig ist. Denn echte Passion setzt unfassbare Energie frei.
Hast du ein weibliches Vorbild?
Nein. Das würde sich wahrscheinlich auch je nach Tag und Stimmung ändern. Und ich möchte nicht einer bestimmten Person nacheifern. Es gibt jedoch einige Frauen – auch in meinem nahen privaten Umfeld, an denen ich einzelne Eigenschaften bewundere. Zu diesen Personen gehört beispielsweise mein Gotti. Sie ist sehr emphatisch und kann mich emotional enorm gut abholen. Das gibt mir sehr viel. Ich finde diese Eigenschaft sehr erstrebenswert und versuche das deshalb auch auf mein eigenes Leben zu übertragen. Denn auch ich muss in meinen Beratungsgesprächen oder Fotoshootings in der Lage sein, meine KundInnen genau dort abzuholen, wo sie stehen und erfassen, was ihnen wichtig ist. Nur so kann ich individuell auf ihre Bedürfnisse eingehen. Besonders schön finde ich übrigens auch, wenn man sich gegenseitig ein Vorbild sein kann, um so voneinander zu profitieren und sich anzuspornen. Aus dem Bereich Fotografie habe ich vor kurzem die 1939 geborene Herlinde Koelbl entdeckt, eine extrem inspirierende Persönlichkeit. Sie hat sich in Deutschland einen riesigen Namen gemacht. Unter anderem fotografierte und interviewte sie in einer Langzeitstudie bekannte deutsche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Sie macht einfach ihr Ding. Das finde ich grossartig.
Wo siehst du derzeit die grösste Baustelle in Sachen Gleichberechtigung?
Das ist eine schwierige Frage. Ich bin eigentlich der Meinung, dass Männer und Frauen das gleiche erreichen können. Die grösste Baustelle sehe ich in der Erziehung. Mädchen und Jungen wachsen unterschiedlich auf. Die Ungleichheit wird so quasi von Kindsbeinen an eingeflösst. Wir Frauen glauben daher automatisch, dass wir kleiner und schwächer sind und lassen uns von Männern leicht einschüchtern. Genderthemen sind so verankert, das zeigt sich etwa auch bei der Berufswahl. Aus diesem Grund habe ich auch grössten Respekt vor dem Berufsweg meiner Cousine, die sich als Bootsbauerin in einer Männerdomäne behauptet. Um nachhaltig was zu verändern in Sachen Gleichberechtigung, müssen wir unser Denken und die Erziehung unserer Kinder verändern. Die Baustelle ist also gewissermassen in unseren Köpfen.
Hast du einen Tipp für andere Jungunternehmerinnen?
Ja, jede Idee ist eine Idee! Ich möchte alle ermutigen, ihre Ideen auszuprobieren und sich nicht zu lange den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich bin eine Macherin. Der Spruch ‘don't die in perfection’ passt hier eigentlich ganz gut. Ich bin der Meinung, dass wenn man sich zu viel und zu lange Gedanken macht, dass das sehr zermürbend sein kann und dabei wertvolle Energie verloren geht. Einfach mal loslegen; ohne grosse Investitionen etwas machen und dann schauen, was passiert. Natürlich muss man bereit dazu sein, dass das Projekt vielleicht in die Hose geht. Dementsprechend muss man sich stets selbst reflektieren und von gescheiterten Projekten lernen. Ich selbst habe diese Erfahrung mit April & Mae* gemacht.
(*Ein Projekt, welches einzigartige Bilder kuratiert und diese als limitierte Fotografieprints verkauft. Derzeit pausiert April & Mae).
Was motiviert dich persönlich?
Eiskaffee (lacht). Nein im Ernst, ein guter Start in den Tag – und dazu gehört definitiv Kaffee und ein guter Zmorge – das gibt mir schon enorm viel. Und wenn danach gleich noch ein positives Feedback einer Kundin reinflattert, dann ist das Motivation pur für mich! Das gibt mir die Bestätigung, dass ich das richtige mache und es bestärkt mich auf meinem Weg. Zudem visualisiere ich meine Träume und Ziele. Ich halte mir meine Vision stets vor Augen. Zu wissen was ich will und wohin ich möchte, treibt mich enorm an.